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GESCHICHTE DES GEBÄUDES

GESCHICHTE BIS 1761

 

 

Der heutige Reichensteinerhof wurde auf mehreren ehemaligen Grundstücken errichtet, die sich zwischen dem Rheinsprung und der Martinsgasse befanden.

 

Zwei dieser Grundstücke gehörten beispielsweise der Adelsfamilie Reich von Reichenstein, einem seit dem 13. Jahrhundert etablierten bischöflich-baslerischen Ministerialengeschlecht.

 

Im Jahr 1695 erwarb Hans Franz Sarasin (1649–1719), Gründer der Seidenbandfabrik Sarasin, das erste Anwesen am Rheinsprung.

 

In den folgenden Jahren erwarb die Familie weitere Parzellen.

 

1754 übernahm Lukas Sarasin (1730–1802) die Leitung der Seidenbandfabrik, unterstützt von seinem jüngeren Bruder Jakob (1742–1802), der damals noch minderjährig war.

 

Dank der beträchtlichen Gewinne aus dieser florierenden Industrie begann Lukas, das Familienvermögen zu konsolidieren. 1757 kaufte er das letzte der drei kleinen Häuser am Rheinsprung („Zum Weidenbaum“), 1759 den großen Reichensteinerhof und kurz darauf den benachbarten Wendelstörferhof.

 

Der Wendelstörferhof war bereits im 13. Jahrhundert eines der größten Anwesen im nördlichen Teil des Münsterhügels.

 

Er wurde von baslerischen Adelsfamilien bewohnt und gehörte seit 1589 dem Adligen Peter Jacob von Wendelstorff.

GESCHICHTE DER PLANUNG UND DES BAUS

(1761 – CA. 1775)

ENTWICKLUNG

 

 

Im „Bau-Buch“ hielt Lukas Sarasin akribisch alle Ausgaben im Zusammenhang mit dem Bau der beiden Häuser fest. Daraus ergibt sich ein detailliertes Bild der Baustelle sowie zahlreiche architektonische Pläne.

 

Der Architekt Samuel Werenfels begann seine Arbeit bereits im Herbst 1761.

 

Im Dezember 1762 wurden die alten Bauten abgerissen. Die Grundsteinlegung des neuen Gebäudes fand am 21. März 1763 statt.

 

Die Materialien und Dekorationsobjekte stammten aus ganz Europa:

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  • Tapeten aus Nancy,

  • Seidenstoffe aus Amsterdam und Neuchâtel,

  • Sessel, Sofas und Spiegel aus Besançon,

  • Marmorkamine aus Vevey,

  • Vasen aus echten Schlössern wie dem von Lunéville in Lothringen.

 

 

Mehrere Künstler und spezialisierte Werkstätten waren beteiligt: Bildhauer, Stuckateure, Maler.

So stammten zum Beispiel bemalte Supraporten aus Darmstadt, Konstanz, Frankfurt oder Besançon.

 

Auch Hafner und Ofenfabriken beteiligten sich am Projekt. Acht Öfen wurden aus Bern geliefert, davon sieben nach persönlichen Entwürfen von Werenfels.

 

Insgesamt entwarf Werenfels 16 Ofenskizzen, von denen mindestens drei als Gussöfen vorgesehen waren.

 

In den beiden Häusern befinden sich insgesamt 57 Öfen, die meisten stammen aus Hausach im Kinzigtal (Schwarzwald).

 

Nach Abschluss der Arbeiten machte Lukas Sarasin den Reichensteinerhof zu einem gastfreundlichen Haus. Mehrere Reiseberichte erzählen von Gesellschaften, die sich dort versammelten, um Konzerte im Musikzimmer zu besuchen oder physikalische und optische Attraktionen zu bewundern, die dieser Wissenschaftsenthusiast sammelte.

 

Jakob Sarasin, der im Wendelstörferhof wohnte, pflegte Freundschaften mit Dichtern und berühmten Persönlichkeiten wie Johann Caspar Lavater, Gottlieb Konrad Pfeffel, Heinrich Pestalozzi oder dem Grafen von Cagliostro.

 

Die beiden Brüder Sarasin starben im Jahr 1802. Der Reichensteinerhof ging an Peter Vischer-Sarasin über.

 

Während des Durchmarsches der alliierten Armee 1813/14 residierte Kaiser Franz I. von Österreich in dem Gebäude und speiste dort mit Zar Alexander von Russland und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.

 

Im Jahr 1811 erwarb der Seidenbandfabrikant Johann Jakob Bachofen-Burckhardt den Wendelstörferhof. Vermutlich war er es, der für den einheitlichen Anstrich der Fassade sorgte, was zur Bezeichnung „Weisses Haus“ führte.

 

1920 kaufte die Eidgenössische Fernmeldeverwaltung den Wendelstörferhof und passte die Räumlichkeiten ihren beruflichen Bedürfnissen an.

 

1942 erwarb der Kanton Basel-Stadt den Reichensteinerhof und richtete dort Büros für das Justizdepartement sowie die Vormundschaftsbehörde ein.

 

Nach dem Erwerb des benachbarten Wendelstörferhofs im Jahr 1968 wurden die beiden Häuser wieder zusammengeführt und zwischen 1978 und 1982 umfassend restauriert.

 

 

 

 

Quelle:

Frau Sarah Hummel-Smit

Architektin für Denkmalpflege und Kulturgüterschutz

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